Fazinierend, wie sich hinter mancher Profanität eine sagenhaft essentielle Antwort verbergen kann...
„Verstehen sie Spaß?“, diese pseudolustige Veräppelshow, die nicht totzukriegen ist, gehört zu solchen Profanitäten, die weit mehr ist, als auf den ersten Blick ersichtlich ist.
Um es mal kurz zu machen.
Es geht nicht darum, ob in dieser Show irgendwer Spaß hat. Vielmehr geht es um eine Versuchsanordnung, die überprüft, wie Herzen auf Unerwartetes reagieren. Dabei übernimmt der TV-Sender die Rolle des Lebens, und wirft willkürlich ausgewählte Herzen in Situationen, die sie so, freiwillig, wohl kaum gewählt hätten.
Spaßig ist daran wenig. Speziell für die Opfer der Versuchsanordnung. Humor ist kaum die Allzweck-Waffe, mit der sich auf solche oder irgendwelche Fallen reagieren ließe. Als Betrachter dürfen wir gerne Spaß dabei haben, und erleichtert aufatmen, dass dieser Kelch an uns vorüber gezogen ist – aber irgendein Humpen mit bitterer Medizin wartet bereits auf uns. Immer.
Ich leide mit den Gefoppten, und frage mich, wann ich eigentlich das letzte Mal so richtig die Fassung verloren hatte. Sicher lautet die Antwort immer: „Ach, richtig, das war doch erst vor ein paar Stunden...“
Zu beobachten, wie Herzen auf unmögliche Situationen reagieren, ließ bei mir die Frage aufkommen, warum wir eigentlich nicht ständig so durchs Leben gegen, als würde unser Verhalten von einem fiesen Sadisten gefilmt, und für die Nachwelt dokumentiert. Im TV übernehmen mäßig lustige Witzschreiber die Rolle des sadistischen Lebens. Da werden Herzen für die willigen TV-Konsumsenten so lange in unmögliche Situationen geworfen, bis sie aus der Fassung gebracht werden. Bis sie an die Grenzen ihrer „So-soll-es-sein“-Konstrukte gestoßen werden. Bis das eitle Ego hervorbricht, und das kleine, hilflose Kind zum Vorschein kommt.
Spaß ist das kaum. Das Lachen, das mir raus rutscht, ist das eines gequälten Herzens, das in aller Hilflosigkeit durch Kontraktionen des Zwerchfells Entspannung sucht – und erst findet, wenn der Moderatoren-Sadist, die Situation auflöst.
Seh ich das, stößt mich allein das Zuschauen an die Grenzen meiner Konstrukte. Weil ich, während ich mich frage, wie ich wohl reagiert hätte, bemerke, dass ich keinerlei Handhabe für die „Verstehen sie Spaß“-Versuchsanordnungen des Lebens habe. Allein die Fragestellung, ob ich Spaß verstünde, ist Sadismus vom Feinsten. Denn der Spaß geht grundsätzlich auf meine Kosten. Oder anders gesagt: ich werde vom Leben zum Opfer gemacht, obwohl ich das eigentlich nicht will, und mich nicht als Opfer sehe. Da ist ein kleiner Junge, der empört aufschreien und wütend auf der Stelle stampfen will, dass das doch alles ungerecht sei. Der nach dem Schiedsrichter, der Polizei, Clint Eastwood oder anderen Rächern rufen will. Meist habe ich schon nach der ersten Ahnung eines bösen Scherzes keine Lust mehr, und schau mich nach der versteckten Kamera um. Ich frage ins Leere: „Wo ist die versteckte Kamera?“
Keine Antwort. Nur eine Verschärfung der Versuchsanordnung.
Anais Nin schrieb einmal, dass „wir am Meisten von uns verraten, wenn wir am Wenigsten bei uns sind“. Übersetzt heißt das, dass uns das Leben die Masken runter reißen will, um uns zu uns (zurück) zu führen. Es ist bei den Mitteln nicht zimperlich. Vom kleinen Fleck auf der makellosen Kleidung, über Mundgeruch und Haarausfall, bis zu demütigenden Krankheiten und Unfällen, lässt das Leben keine Möglichkeit aus, unsere schlauen Antworten und Erklärungsversuche, wie das Leben sei, genussvoll zu zertrümmern. Wie ein Sadist, fordert es uns auf, nachdem wir gerade 100 Peitschenhiebe erhalten haben, „so lachen sie doch!“
Tendenziell lache ich mir tatsächlich öfter meinen kleinen Popo ab. Weil ich mich erstaunlich oft daran erinnere, dass ich ununterbrochen von keinem Big Brother, sondern Big Sadist gefilmt und beobachtet werde. In dem Maß, in dem ich die Würde bewahre, scheint die Versuchsanordnung nicht zu greifen. Was gemeinhin als „Humor“ fehlinterpretiert wird, ist die Fähigkeit, mit einem Popel an der Nase noch eine halbwegs gute Figur zu machen. Mir meiner Peinlichkeit gerade dann bewusst zu sein, wenn ich mich am Wenigsten peinlich und auf der „sicheren Seite“ fühle. Wissend, dass diese sichere Seite niemals existiert.
Also ab in die Peinlichkeit, und leise vor sich hinbluten.
Das ist Zen.
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